Jonas Feige: Die Atmosphäre der Kunsthalle Bielefeld
Kooperation mit der HSBI 2022/23
Ausgehend von der Theorie des Philosophen Gernot Böhme, widmet sich Jonas Feige der besonderen Atmosphäre der Kunsthalle Bielefeld. In einem Video setzt er die entstandenen Fotografien in erneuten Zusammenhang mit dem Klavierkonzert No. 2 des Komponisten Hans Werner Henze, das ursprünglich für die Eröffnung der Kunsthalle im Jahr 1968 komponiert wurde.
Kann man mit einer repräsentativen Fotografie dem Wesen eines Gebäudes, seiner Atmosphäre, gerecht werden?
Der deutsche Theoretiker Gernot Böhme fordert für die Architekturfotografie eine neue Herangehensweise, bei der das Ziel nicht die perfekte Repräsentation eines Gebäudes, sondern die Abbildung seiner Atmosphäre sein sollte. Er beschreibt die Atmosphäre als die Beziehung von Umgebungsqualitäten und menschlichem Befinden.1 In einer Atmosphäre treffe ein Äußeres auf das Inneres eines Individuums, so Böhme weiter. Er fordert, dass die Fotografie nicht bloß Abbilder schaffen soll. Der entscheidende Punkt einer neuen Fotografie „besteht darin, […] dass es einem gelingt, die Erfahrung, die man als anwesender Mensch in der Nähe von oder in architekturalen Gebilden hat, ins Bild zu bringen […].“2 Architekturfotografie würde erst dann interessant „wenn sie mit etwas ringt, wenn sie etwas darstellen muss an Architektur, das man eigentlich nicht sieht.“3
Dieser programmatische Text Böhmes ist Ausgangspunkt für Feiges Auseinandersetzung mit der Kunsthalle Bielefeld. Es ist der Versuch – zumindest die von ihm selbst erfahrene – Atmosphäre mittels Fotografie spürbar zu machen. Die so entstandenen Bilder setzen sich zu einem kaleidoskopartigen Blick auf die Kunsthalle zusammen, bei dem spielerisch mit Licht, Farbe, Material und Reflexionen umgegangen wird. Die Kunsthalle erscheint durch ihre Signaturen (roter Sandstein, Glasfassade, harte und weiche Kanten) fragmentarisch. Diese, aus der Atmosphäre der Kunsthalle gewonnene, Ästhetik findet sich in anderer Form in dem Musikstück Klavierkonzert No. 2 des Komponisten Hans Werner Henze wieder. Es wurde ursprünglich für die feierliche Eröffnung der Kunsthalle, die damals noch den Zusatz Richard-Kaselowsky-Haus im Namen trug,4 im Jahr 1968 komponiert. Aufgrund anhaltender Proteste um die Nähe des Namensgebers zum Nationalsozialismus musste die Eröffnung ausfallen.5
Fasziniert von den ästhetischen Parallelen zwischen den entstandenen Bildern und der Musik Henzes setzt Jonas Feige die Kunsthalle und das Klavierkonzert in einem animierten Video erneut miteinander in Beziehung.
Die Arbeit entstand im Rahmen von Text-Bild-Seminaren bei Prof. Roman Bezjak und Prof. Dr. Andreas Beaugrand vom Fachbereich Gestaltung der Hochschule Bielefeld im Wintersemester 2022/2023 und im Sommersemester 2023.